I.  Im Land der wechselnden Träume

Der Kakadu Nationalpark im Norden Australiens ist mit einer Fläche von 19‘500 km2  der drittgrösste Nationalpark der Welt. Er ist zugleich Weltnatur- und Weltkulturerbe der UNESCO!

Wir stehen vor den prähistorischen Felsmalereien des Ubirr Rock und des Nourlangie Rock. Das Alter der einfachen Strichfiguren wird von Archäologen auf bis zu 5‘000 Jahre geschätzt. Einen Hinweis darauf gibt die Abbildung eines Thylacines, welches nach dem Erscheinen der hundeähnlichen Dingos vor etwa 4‘000 Jahren ausgerottet wurde. Die oft ockerfarbenen Zeichnungen wurden mit einem Mehl aus rotem Hämatit, gelbem Limonit, weissem Lehm und schwarzer Kohle gemalt und manchmal mit Blut konserviert.  Ähnliche Petroglyphen findet man auch bei anderen indigenen Völkern, welche früher keine Schrift kannten, so in Alta im äussersten Norden Lapplands oder im Capitol Reef Nationalpark im Westen der USA.

Höhlenmalerei
Historische Felsmalereien bei Nourlangie Rock


Die verschiedenen Volkstämme der Aborigines haben Australien vor 45‘000 Jahren vermutlich in mehreren Wellen besiedelt. Bevor die Polkappen nach der letzten Eiszeit abschmolzen lag die Küste etwa 350 km weiter nördlich als heute. Trotzdem mussten die Menschen noch einen Meeresgürtel von etwa 100 km überwinden. Die Herkunft der Ureinwohner und deren Routen sind noch nicht völlig geklärt.  

Die Traumzeit ist auch Gegenwart

Da diese Menschen nebst den Petroglyphen keine Schrift besassen, wurden die Wurzeln ihrer Herkunft sowie alle Geheimnisse und Regeln des Alltags mündlich überliefert. Bereits bei der Zeugung glauben die Aborigines an eine Dualität. Sie haben nach ihrem Glauben stets zwei Väter, einen leiblichen und einen geistigen aus der mythischen Traumzeit.  So bleiben sie stets innig mit der Welt ihrer Ahnen verbunden, welche als gottgleiche Kreaturen teils als Mensch, teils als Tier oder Pflanze die vielgestaltige Welt und ihre Naturerscheinungen formten. Eine Traumzeit begleitet diese Leute somit allgegenwärtig. Deren Ahnen zogen sich nach dem Schöpfungsakt in heilige Stätte zurück. Ein solcher Ort ist auch der Uluru oder Ayers Rock.

Ubirr Rock
Blick vom Ubirr Rock auf die Wetlands im Kakadu Nationalpark
 
Regenzeit und Trockenperiode

Wasser und Buschfeuer während der Trockenzeit sind für den Kreislauf der Natur verantwortlich. Ohne deren Mitwirken gäbe es hier kein Keimen und kein Blühen. Steil aufragende Felsen verhindern das Abfliessen der gewaltigen Wassermassen, welche während der Monsunzeit vom Dezember bis Mai das ganze Gebiet meterhoch unter Wasser setzen. Vom Juni bis Oktober fliessen die Wasser ab. Es bleiben jedoch Teiche zurück, die Billabongs. Ein solcher Ort ist der Yellow River Billabong bei Cooinda. Dort versammeln sich Scharen von Wasservögeln und warten Tausende von Krokodilen auf eine Beute.    

Der Albtraum

In den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden in der Kakadu-Region bei Jabiru konzentrierte Vorkommen von Uran, Gold, Zinn, Zink, Blei, Kupfer, Silber und Palladium gefunden. In der Mitte der 1980-er Jahre wurden Debatten über die Rechte der Aborigines und über den Umweltschutz ausgelöst. 1993 wurden die Aborigines in einem historischen Richterspruch als erste Bewohner des Landes offiziell anerkannt. Dennoch behielten die einzelnen Bundesstaaten das Recht auf alle Bodenschätze.


Stelzenwurzeln geben den Pflanzen im Wasser Halt

Morgendlicher Nebel über dem Yellow Water bei Cooinda

Heute werden im Nationalpark pro Jahr über 5000 Tonnen radioaktives und hochgiftiges Uran gefördert. 15% der weltweiten Uranvorräte sollen noch auf diesem Gebiet lagern. Der radioaktive Schlamm wird in einem über 1 km2 grossen Rückhaltebecken deponiert. Doch es gab schon mehrere gravierende Zwischenfälle. Wegen sintflutartiger Regenfälle musste im April 2011 die Mine sogar vorübergehend geschlossen werden. Eine weitere Zunahme von grossen Überschwemmungen ist auch wegen der Klimaerwärmung wahrscheinlich. Hochgiftiges Uran, Blei und Asbest würden dann auf die Felder verteilt. Die am stärksten belastende Substanz im Schlamm hat eine Halbwertszeit von 80‘000 Jahren. Dann würde der Albtraum der Verseuchung viel länger dauern als die Traumzeit seit dem Zeitpunkt der ersten Besiedelung Australiens.


Leistenkrokodil im Yellow Water Billabong

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