II. Erzählt es den Leuten in der Schweiz!


Broome am Indischen Ozean ist bekannt für seine Perlenschätze und seinen herrlichen Badestrand. Im westaustralischen Städtchen gehen zurzeit die Emotionen hoch. Man fürchtet sich, dass aus dem attraktiven Touristenort bald eine Industriestadt mit Bergbau, Öl- und Gasförderung werden könnte.

Broome ist ein beliebtes Ferienparadies, eingebettet zwischen der Kimberley Region im Nordosten und der Grossen Sandwüste im Süden. Beliebt sind die Kamelritte an der Cable Beach bei blutroter Abendsonne. Jedes Jahr zieht hier die weltgrösste Population von Buckelwalen auf ihrer Wanderung von und zur Antarktis entlang der Küste vorbei. Hier kalben die Riesentiere und säugen ihre Jungen. Hier legen auch die selten gewordenen Meeresschildkröten ihre Eier in den weissen Sand. In den Feuchtgebieten der Roebuck Bay rasten jährlich 300‘000 Vögel. Einige ziehen von Sibirien bis hierher. Reste von bedrohten Monsunmangroven haben sich entlang der Küste und ihren Buchten halten können. Korallenriffe und Seegraswiesen mit weidenden Seekühen bilden zusammen mit vielen anderen Tieren eine fantastische aber hochempfindliche Biodiversität.  

Bild-II-1

Kamelkarawane mit Touristen an der Cable Beach in Broome

Ein gigantisches Projekt

Die benachbarte nordwestaustralische Kimberley Region ist mit einer Fläche von 320‘000 km2 rund viermal grösser als die Schweiz. Deren Küste gilt als eines der letzten ganz grossen Refugien für eine sensible Tier- und Pflanzenwelt. Forscher glauben, dass diese Zone nur noch mit der Antarktis und der Arktis verglichen werden kann. Nun sollen am James Price Point 60 km vom Tourismuszentrum Broome entfernt ein riesiger Hafen und die zweitgrösste Raffinerie der Welt gebaut werden.

Bild-II-2
Tausende von Wasservögeln auf einer Sandbank

Nach dem AKW Unfall von Fukushima setzt vor allem Japan auf die Erschliessung weiterer mariner Öl- und Gasfelder. Mehr als 1‘500 Supertanker könnten die Tierwelt entlang der Küste bedrohen. Von den Ölfeldern des Scott Riffs sollen bald vier Öl- und zwei Gaspipelines 240 km weit zum James Price Point führen. 30 Milliarden Liter Abwasser mit krebserregendem Benzol würden jedes Jahr ins Meer gepumpt. Vier Leitungen mit Frostschutzmitteln und zwei Röhren mit Kohlenstoffdioxid würden auf das Scott Riff gelegt, um das geförderte Gas zu verflüssigen. Die zusätzliche CO2 Emission dieses Treibhausgases entspricht dem jährlichen Ausstoss von Neuseeland. Fischen würde in einer 10 km langen und 5 km breiten „Todeszone“ vermutlich verboten. Die Gas- und Ölkompagnie Woodsite plant gemeinsam mit den Firmen Shell, BP und Chevron an der Kimberleyküste nördlich von Broome eine 3‘000 ha grosse Industrieanlage zu errichten. Die Anlage soll 6‘000 bis 8‘000 Arbeitsplätze schaffen.

Petitionen und Widerstand

Jetzt sind viele Bewohner des Städtchens in heller Aufregung und werden politisch aktiv. Man fürchtet sich vor einem ökologischen Desaster und vor einem Kollaps des Tourismus. In einem T-Shirt Geschäft spricht uns eine ältere Ladenbesitzerin auf das Grossprojekt an. „Sagen Sie den Leuten in der Schweiz, was hier Schreckliches geschieht!“ Wir werden von ihr gleich noch mit Informationsunterlagen eingedeckt: ein Kleber für das Auto, Petitionsbogen an die Regierung, Vorlagen für Leserbriefe sowie eine Sammlung von Internetadressen für das Verfolgen der neuesten Entwicklung. 

 

Bild-II-3
Grosse Tümmler, eine durch die TV-Sendung „Flipper“ bekannte Delfinart.

Bild-II-5
Ein Buckelwal springt aus dem Wasser

Es gäbe Alternativen

Die Opposition zeigt auf, dass es durchaus Alternativen gäbe. So könnte das Gas in der Region von Port Hedland verflüssigt werden. Die südlich gelegene Industriestadt besitzt bereits den grössten Hafen Australiens und ist umrandet von riesigen Ölfeldern, Eisenabbaugebieten und Salzgärten. Neue Abbaumethoden sind in Entwicklung. Die Firma Ichthys baut zudem unter Wasser eine Gaspipeline, welche vom gleichen Gasfeld Browse Basin nach Darwin führt und jährlich 8,4 Millionen Liter Flüssiggas transportieren kann.

Noch ist das Projekt von der Regierung nicht genehmigt. Die Förderung der fossilen Treibstoffe könnte zwar kurzzeitige Vorteile für die Region schaffen. Doch bereits zweimal in der Geschichte des Städtchens Broome haben riesige Zyklone Tod und Verwüstung gebracht. Ein grosser Unfall wie im Golf von Mexiko wäre eine absolute Katastrophe. Betroffen wäre nebst der Natur und dem Tourismus auch die vorwiegend indigene Bevölkerung der Aborigines.

Bild-II-6
Ein Fischadler hält Ausschau nach Beute

zurück